Inflammation bei älteren Menschen: welchen Effekt haben anti-inflammatorische Ernährungsmuster?
DGEM-Forschungsförderung 2020 unterstützt Interventionsstudie
Als wissenschaftlich medizinische Fachgesellschaft fördert die DGEM Forschungsprojekte von jungen Wissenschaftlern auf dem Gebiet der Ernährungsmedizin und Stoffwechselforschung. Seit 2007 schreibt sie die DGEM-Forschungsförderung (als Anschub- oder Ergänzungsförderung) aus.
An der Ausschreibung der DGEM-Forschungsförderung 2020 hatten sich zehn junge WissenschaftlerInnen mit neun Projekten beteiligt. Im März stand das Ergebnis fest: Das Forschungsprojekt „Comparison of anti-inflammatory dietary approaches on inflammation and muscle function in old adults (AIDA Study)“ von M. Sc. Ulrike Haß erhielt von der Bewertungsjury die höchste Punktzahl. Während der Dreiländertagung ERNÄHRUNG 2020 in Bremen sollte sie ihr Projekt vorstellen und die Forschungsförderung, die mit 15.000€ dotiert ist, offiziell entgegennehmen. Bedingt durch die Corona-Einschränkungen konnte der Kongress und somit die Vorstellung und Übergabe nicht stattfinden. Deshalb wollen wir die Studie hier vorstellen:
In der Studie wird der Effekt von anti-inflammatorischen Ernährungsmustern auf die Inflammation bei älteren Menschen untersucht.
Hintergrund:
Im Alter trägt der progressive und generalisierte Muskelfunktionsverlust wesentlich zu einer verringerten Lebensqualität bei. Gleichzeitig steigen Morbidität und Mortalität bei den Betroffenen sowie die finanzielle Belastung des Gesundheitssystems. An den altersbedingten Muskelverlusten sind chronisch erhöhte pro-inflamatorische Mediatoren beteiligt. Vor dem Hintergrund des sogenannten „Inflammaging“ werden in diesem Projekt mögliche Wirkmechanismen einer protein- und omega-3-reichen Ernährung auf die Muskelleistung und Funktion bei älteren Erwachsenen überprüft.
Ziele der Studie sind
- Erfassung des Muskelstatus im Sinne einer Sarkopenie/Dynapenie und/oder Gebrechlichkeit vor dem Hintergrund eines Inflammationsstatus von älteren Erwachsenen
- Verbesserung des Muskelstatus von älteren Erwachsenen durch Muskeltraining und proteinreiche Ernährung mit zusätzlich Molkenprotein
- Positive Beeinflussung inflammatorischer Prozesse bei älteren Erwachsenen mittels anti-inflammatorischer Ernährungsstrategien
- Klärung möglicher Zusammenhänge zwischen Muskelleistung und den zugrundeliegenden inflammatorischen Prozessen
Studiendesign
Im Rahmen des Forschungsvorhabens wird eine 8-wöchige, randomisierte, kontrollierte Intervention im 3-Arm-Design einer Pilotstudie mit 60 älteren Erwachsenen im Alter zwischen 65 und 85 Jahren durchgeführt. Alle Probanden erhalten ein muskuläres Trainingsprogramm bestehend aus einem angeleiteten Vibrationstraining im Institut sowie selbständigen Kraftübungen für die häusliche Umgebung. Gruppe A (ANTI-INFLAMMATION) soll sich neben dem Training mit Unterstützung eines Molkenproteinpräparates proteinreich ernähren und zusätzlich täglich ein anti-inflammatorisches Omega-3-reiches Algenöl einnehmen. Gruppe HP (HOCH PROTEIN) soll sich neben des Vibrationstrainings ebenfalls mit einem Molkenproteinpräparat proteinreich ernähren, erhält aber kein anti-inflammatorisches Präparat. Gruppe C (KONTROLLE) dient als Kontrolle und wird daher keine zusätzlichen Präparate zu sich nehmen.
Näheres zu Studiendesign, Arbeitsprogramm etc. bei U. Haß, Ulrike.hass [at] dife.de
M. Sc. Ulrike Haß arbeitet seit 2017 als Wissenschaftliche Mitarbeiterin beim Deutschen Institut für Ernährungsforschung (DIfE) Potsdam-Rehbrücke; seit 2018 in der Forschungsgruppe Abteilung Ernährung und Gerontologie als Doktorandin.
Vorher hat sie ein Masterstudium der Oecotrophologie in Münster und ein Bachelorstudium in den Niederlanden abgeschlossen. Neben der persönlichen Auslandserfahrung sah sie es als Vorteil, dass bei dem gewählten Studiengang (Voeding en Diёtetiek / Nutrition and dietetics) ein großer praktischer Ausbildungsanteil inbegriffen war – wie das 6-monatige Berufspraktikum, das sie im Universitair Medisch Centrum Groningen im onkologischen Bereich absolvieren konnte. Der (altersbedingte) Muskelschwund hat Ulrike Haß während ihrer bisherigen Laufbahn immer schon begleitet. Die Entstehung im Alter ist noch nicht vollends geklärt und mit dem Forstschritt in Medizin und Wissenschaft sind auch neue Theorien zur Ursache und Progression der Sarkopenie entstanden, wie das sog. "Inflammaging".
„Daraus entwickelte sich dieses Projekt, in dem wir nicht nur klassische Empfehlungen umsetzen (gesunde Ernährung nach DGE, höherer/altersgerechter Proteinanteil und Muskeltraining), sondern auch zusätzlich mögliche anti-inflammatorische Effekte der Ernährung auf die beschriebenen altersbedingten Inflammationsprozesse untersuchen wollen, welche den Muskelschwund zusätzlich vorantreiben“, beschreibt sie ihr Projekt.
Coronabedingt musste bei der Durchführung der Studie eine unerwartete und abrupte Pause von vier Monaten eingelegt werden. Jedoch konnte die Gruppe um U. Haß unter größtmöglichen Sicherheitsvorkehrungen ihre Arbeit im Juli wieder aufnehmen. Das Projekt stößt in der Bevölkerung auf ein positives Interesse und es wurden bereits ein Drittel der Probanden rekrutiert. Ulrike Haß ist daher optimistisch, dass die Studie nun unter Hochdruck und vollem Einsatz aller Beteiligten erfolgreich abgeschlossen wird.
Das DGEM-Präsidium gratuliert Frau Haß ganz herzlich und wünscht ihr viel Erfolg bei der weiteren Durchführung der Studie!