Künstliche Ernährung von Intensivpatienten verbessert Überlebensrate - Rechtzeitiger Beginn, richtige Dosis und Zusammensetzung sorgt für weniger Sterblichkeit

Hamburg, Juni 2008 - Es könnten circa zehn bis 20 Prozent mehr Patienten auf der Intensivstation überleben, wenn rechtzeitig mit der richtigen Ernährungstherapie begonnen würde. Mehrere neuere Studien haben gezeigt, dass eine adäquate künstliche Ernährung die Überlebensrate der Intensivpatienten wirklich verbessert. "Studien aus den 90er Jahren haben allerdings keine solche Verbesserung gezeigt, so dass viele Krankenhäuser bis heute unter anderem aus Sparsamkeitsgründen keine Notwendigkeit sehen, Intensivpatienten rechtzeitig, adäquat und lebenserhaltend zu ernähren," sagt Prof. Georg Kreymann, von der Medizinischen Klinik I, Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf sowie Tagungspräsident der Dreiländertagung "Ernährung 2008" vom 12. bis 14. Juni in Hamburg. Viele Intensivpatienten werden häufig zu spät, in zu geringer Dosis oder mit den falschen Substraten ernährt. Häufig seien auch ethische Bedenken im Spiel, da der Grad zwischen hungern oder verhungern lassen oder einen Menschen einfach nur noch zu ernähren, immens schmal ist. Im Gegensatz zur Ernährung von Intensivpatienten ist die Ernährung kritisch Kranker eine Selbstverständlichkeit. Ansonsten würde die von jeder schweren Erkrankung bewirkte Katabolie, der Abbau körpereigener Substanzen, innerhalb von kurzer Zeit zum Tod durch Verhungern führen. Bei Intensivpatienten scheinen die ethischen Bedenken bei einer künstlichen Ernährung hingegen größer zu sein.

Die neueren Studien belegen, wie sinnvoll es ist, Intensivpatienten rechtzeitig und richtig zu ernähren. Eine Studie aus dem Jahr 2004 (Martin CM et al.) zeigte, dass mit der Anwendung einer Leitlinie zur Ernährung die Hospitalsterblichkeit von 37 auf 27 Prozent sank. 2006 machte eine Beobachtungsstudie (Artinian V et al.) deutlich, dass eine frühe enterale Ernährung (über den Magen-Darm-Trakt) gerade in der Gruppe der schwerstkranken Patienten zu einer signifikanten Senkung der Sterblichkeit um zwölf Prozent führt. Griffiths (1997) und Goeters (2002) haben nachgewiesen, dass der Zusatz von Glutamin-Dipeptiden zu einer parenteralen Ernährung (unter Umgehung des Magen-Darm-Traktes) eine signifikante Verbesserung der Überlebensrate bewirkt. Immunonutrition, eine besondere Form der Ernährung, die bei kritisch Kranken angewendet wird, soll den Krankheitsverlauf durch Beeinflussung des Immunsystems positiv verändern. Wird eine solche künstliche Ernährung eingesetzt, so zeigten Studien, dass sie auch einen positiven Einfluss auf die Häufigkeit von Infektionen bei kritisch kranken und chirurgischen Patienten hat und die Liegezeiten verkürzt werden können.

Ebenso ist belegt, dass eine enterale Ernährung angereichert mit speziellen Fettsäuren nicht nur den Gasaustausch bei Patienten mit einer schweren Lungenerkrankung verbessert, sondern auch bei Patienten mit einer Sepsis, einer außer Kontrolle geratenen Infektion, zu einer signifikant um 20 Prozent gesteigerten Überlebenschance führt.

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Zentrum Innere Medizin - Medizinische Klinik I
Prof. Dr. Georg Kreymann
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